Herausforderung aus den behüteten Klinikräumen eine Hineinforderung ins Menschsein

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Was bleibt ist viel Menschlichkeit innen wie außen. Es geht nicht gegen und auch nicht ohne mich, nur mit mir, in mir, als ich. Eine demütige Selbstvernichtung bewegte mich in der Hölle der wahren Gefühle und eröffnete meine Kapitulation. Am Ende war ich schon vorher. Es kam die ganzkörperliche gefühlte Erfahrung der Aufgabe hinzu. Gefühlt wieder komplett nackig gemacht, offengelegt alleine sein. Aufgegeben von allen und mir im Ende. Die Erlösung lag in der Kapitulation. Untergehen, weil jedes Tun es noch schlimmer machte. Leben wo ich glaubte vernichtet zu sein. Etwas was ich war ist leerer da. Vieles ist wage, brüchig, haltlos und ich weniger als unvollkommen. Der Rest, der mich lebt, lässt zu am Ende zu sein. Im Sterben ist Leben, das endlich bedingungslos liebt. Liebe bedeutet Annahme eines jeden Ausdrucks des Lebens. Also auch meinen eigenen, der gebeutelt von Nöten weg muss aus dem gepflegten Nest. Die Lochkrater der emotionalen Nähe bleiben und ein riesiges Fehlen an Liebe bettet mich. Es gilt weiter zu gehen da wo es (aus-)weglos scheint. Genau entlang meiner Menschlichkeitsgrenze.

Demnächst werde ich nach drei Monaten aus der Klinik zurück ins schutzlose Leben gehen. Das Leben ist gnadenlos. Alles in mir will bleiben, will die Erfahrung behütet zu sein nicht loslassen, will die Fürsorge und das Angenommensein festhalten. Die inneren Kinder schreien laut, zu laut, inszenieren Symptome und haben die Liebesentzugsschmerzen von früher hier und jetzt in meiner von den Prozessen traumatisch erschöpften Erwachsenen. Ich bin viel am Strudeln nach der Kapitulation meiner Persönlichkeit straucheln auch die harten, funktional erhaltenden Überlebensprogramme. Ich fühle meine Hilflosigkeit und den Wunsch nach Geborgenheit. Da ist ein ständiges inneres Betteln um beschützt Werden aus dem in meiner unsicheren Haut leben.

Wie soll Leben gelingen in einem so labilen, offenen, durchlässigen System mit allem möglichen Alten und Neuen gleichzeitig. Mitunter ist da Rage und Zartheit gleichzeitig in meinem Körper. Der Verstand nahe am Wahnsinn und das Herz blutet Liebe in alle Richtungen. Ich habe noch nie so viel Liebe empfunden wie in den letzten Wochen. Alles in mir will nur noch lieben und ich bin damit mir und allen anderen viel zu viel. Mein Schrei nach Liebe ist zu laut, dann halte ich ihn in mir und komme dabei fast um, oder liebe ersatzweise meinen Pferdeherzensmann Luke, Blumen am Weg und in der Not sogar meine Hände. Seit meine Hände wirklich geworden sind, also zu meinen und sich, so ich in der Erwachsenen bin, als eins mit allen anderen Händen erfahren, können sie mir erstmals Wärme und Geborgenheit schenken. Das werde ich brauchen, wenn dann bald alles fehlt an Zuwendung, gesehen Werden, Gefühlt werden, Nähe und Fürsorge.

Ich habe zugelassen das ich am Ende bin und erfahren, dass mein Ende nicht das Ende ist. Mein Ende war die absolute Hilflosigkeit Nähe herzustellen. Aus diesem Schmerz heraus kann ich niemand wirklich sehen. Und erstaunlicherweise ist der Schmerz des „niemand schert sich um mich, ich bin allen egal, total alleine und verlassen“ in so vielen Wellen bis in die Tiefe durchfühlt, dass das okay ist, wenn es sich einstellt. Früher war nie jemand mal nur für mich da, der mich umsorgt hat, der gesagt hat „ruh dich aus, ich schaue nach dir und mache das was es braucht“. Ich hatte so eine Angst, dass ich die Bindung verliere, wenn ich bedürftig bin. Als Folge diente ich, um nicht spüren zu müssen, dass mich niemand will, bis das mit dem dienen in der Selbstzerstörung mündete und Burnout bedingt flach fiel. Aufgebrochen ist er nun da der eigenen weiche, schutzlose Kern. Mein zärtliches Wesen das unter der Härte hervorblickt, um zu sehen ob es nun wachsen darf oder wieder zerstört wird.

Jetzt ist da jemand und kommt tatsächlich, wenn ich es nicht schaffe zu bitten, zu fragen. Da bleiben Personen, wenn ich in der Traurigkeit versinke und halten meine Hand oder streichen über den schweißnassen Kopf. Das ewig Ungetröstete in mir traut sich zu zeigen, wird ganz körperlich berührt und spürt wie heute Verbindung existieret. Durch die Berührung von außen und die Rührung im Inneren werde ich real. Mein ganzes Menschsein in allen Abgründen und Höhenflügen darf da sein, wird im Rahmen gehalten, bekommt Begrenzung, erfährt Spiegelung und Milde. Da darf sogar Rage auf Wände in allen Farben geschüttet und auch aus kindlicher Wut mit Dingen herumgeworfen werden, ohne dass die Beziehung abgebrochen wird. Sogar die Scham darf da sein, sie ist bei mir im Kern die Angst vor Verbindungsabbruch. Scham und Schuld sind Kontrollmechanismen! Scham (Selbstunterdrückung) und Schuld (Selbstbeschuldigung) haben die Funktion Kontrolle über die Hilflosigkeit und das Ausgeliefertsein zu erlangen. Es geht um das Aushalten von Spannungszuständen, die nicht unmittelbar aufzulösen sind. Selbstfürsorge ist nicht immer angenehm für niemanden! Es ist Arbeit und kann über die Zeit zum Bedürfnis werden.

Da sind (noch) Menschen, genauer Pflegepersonen, die mir glaubhaft mitteilen (selbst wenn ich für mich selber unmögliches Verhalten an den Tag gelegt habe), dass ich okay bin wie ich bin. Das ist revolutionär, weil so gar nicht in meinem Denken vorgesehen. Bisher war ziemlich unabhängig davon was die Erfahrung gerade war eine Kritik bis Entwertung dafür im Kommentatorenstüberl. So mies wie mein Verstand mich macht, fällt es mir mittlerweile auf dank der Rückmeldungen von den Therapeuten. Stoppen, immer wieder stoppen die Erfahrende für die Erfahrung zu beschuldigen. Es ist nicht meine Schuld wie meine Wahrnehmung ist, nur meine Verantwortung die Erfahrung anzunehmen und mich darin ehrlich sein zu lassen. Alles von mir ist in diesen Moment eingeladen. Und daraus entsteht in mir ein immer weiter offenes Herz. Es taut viel alte Erinnerung aus der Abspaltungshölle im Bewusstsein auf und gleichzeitig brennt eine ungekannte Liebe lichterloh. Leidenschaft ist ein großer unterdrückter Teil, mehr eine Urkraft in mir. Der Preis des Liebens ist das Leiden, das Sehnen, die Leidenschaft. Früher hat sie oft die Bindung also das Leben bedroht, bis ich sie zu verstecken und dosieren gelernt habe. Heute finde ich mich darin wieder und stelle beschämt fest, dass sie pure Lebensfreude ist, die ich so schmerzlich vermisse. Das macht die Sache nicht leichter, aber liebenswerter. Es braucht Mut mich nicht zu bewerten.

Ich will leben ist ein ganz neues Empfinden. Ich will in meinem brennenden Herzen leben. Ich möchte nur mehr Ausdruck meines (Liebe) Seins sein. Ich möchte mich trauen meinen Instinkten zu folgen. Hinzuschauen zu dem was ich bekomme anstatt dessen was mir fehlt nachzusehnen. Der automatische Fokus auf das Fehlende ist zäh und es frustriert ihn kaum verändern zu können mit meinem Willen. Da ist viel Angst vor dem wieder so alleine vegetieren wie vor der Klinikzeit. Ich fühle die Verlustangst, schiebe sie weg und spüre die Verbundenheit, die jetzt da ist. Ich habe so einen emotionalen Hunger, der mitunter ein ganzkörperliches Bedürftigsein annimmt, mich übernimmt und zur Bettlerin um Nähe macht. Die Sehnsüchtige ist groß in mir und damit spüre ich die Vibration meiner wahren Identität unter allen Mustern, die sich bleibend, sicher gebunden erfahren will. Alles was liebevoll ist bringt den Schmerz hoch, das nie erfahren zu haben. Das Gefühlte und Geschenkte einlassen üben. Da sind sichere, offene Beziehungsräume mit Tiefe und an denen will ich festhalten. Wir (unser Gehirn und Nervensystem) entwickeln uns durch Zuwendung, den wohlwollenden Körperkontakt und die liebevolle Spiegelung die wir erfahren. Hier fühle ich die zärtliche Handberührung an der Wange, den längeren Augenkontakt am Flur, die Schönheit geweckt zu werden mit ehrlichen Interesse dafür wie meine Nacht war, die Hand die auf meiner Schulter bleibt, die Wutausdrücke, wenn ich von den Täterintrojekten übernommen werde, das beruhigt und getröstet werden durch ins Ohr geflüsterte Worte.

Da ist die Angst vor dem Verschließen, wieder auf mich zurückgeworfen werden, ohne Augen die mich ganz sehen, fühlen und spüren und glauben lassen ich bin okay. Da sitz ich nun heulendes Elend, das ich bin, und lande in der Realität des baldigen Endes. Ich fühle meine Ängste und betrete meine Kernwunde, die eine Beziehungslosigkeit und Zugehörigkeitswunde bildet. Ich lebte in Gemeinschaften voller anerkannter Einsamkeit und Oberflächlichkeit mit meinem ehrlichen Gesicht und schämte mich für mich. Ich spürte die Einsamkeit, während alle so verbunden taten. Ich komme aus der Geschichte der Getrenntheit mit echten Verbindungsinteresse und wurde unter all den Pseudoverbindungen immer einsamer. Die Abwendung vom kindlichen Schmerz nicht wahrgenommen, verlassen, missbraucht und abgelehnt zu sein generierte lebenslang Leiden. Ich lebte im Betäuben und Kompensieren der Nichtwahrnehmung. Habe mich in eine geheime Welt zurückgezogen in der ich mir die Bedürfnisse zu befriedigen versuchte. Hier lernte ich in der Anerkennung meiner Einsamkeit zu sitzen und zu trauern. Dann ganz langsam auch mich damit in Verbindung zu bringen und in Echtzeit ehrlich mitzuteilen, wenn ich mich verbunden fühle und wann abgeschnitten. Die Pseudoverbindungen lassen und keine Verbindungen erzwingen nur um mein Lochdasein zu umgehen. Das war der Schlüssel zur Verbindung, die Einsamkeit und Zugehörigkeitswunde mitzunehmen in die Gemeinschaft. Das Einsame unter Menschen nicht überspringen und verstecken, sondern offenlegen.

Beim Heilerwerden geht es darum, das Herz zu öffnen, anstatt zu verschließen. Es geht darum, die Stellen in uns, die die Liebe nicht einlassen wollen, weich zu machen. Ein hin und her schaukeln zwischen den Misshandlungen der Vergangenheit und der Fülle der Gegenwart, um immer öfter in der Gegenwart zu sein. Das Schaukeln und zusammenbringen ist es, was die Heilgung bewirkt, nicht das Stehenbleiben oder Ausblenden einer der beiden Stellen. Der Sinn des Heilwerdens ist nicht glücklich zu werden, das ist unmöglich. Der Sinn des Heilungsweges ist es wach zu sein und das eigene Leben zu leben, statt bei lebendigem Leib zu sterben. Heilung hängt damit zusammen gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein. Hinschauen zu dem was verletzt ist und parallel zu dem was wächst und das System weitet. Angenommen sein und annehmen ist Integration. Angenommen sein (von innen und außen!) mit dem was passiert erlaubt die wirkliche Begegnung. Sinnesspezifisch wahrnehmen und spüren wie es sich anfühlt echt zu sein im eigenen Körper statt etwas zu glauben. Es braucht das Fühlen und die irdische Liebe in mir. Liebe ist die Ausdehnung der Wahrnehmung der Fürsorge. Das Fühlen verbindet Körper und Geist und macht damit die Wahrnehmung komplett. Die Wahrheit heilt. Der Sinn des Lebens ist, das ich Liebe empfinden kann für das was ist. Liebe hinterlässt immer tiefe Spuren. Bei mir die wundervolle Spur, des erstmals erfahren zu haben gewollte, gemeint und geliebt worden zu sein wie ich bin. Die Erfahrung bleibt das Erleben wird wieder vergehen. Ich bin so viel alleine unterwegs in mir selbst und wenn ich zurückkommen will in die Verbundenheit brauche ich ein Gegenüber. Ich brauche andere für mein Leben. Ich bin ein Liebeswesen und brauche Kontakt. Ich will jetzt mit 42 auf dem Schoß sitzen und meinen Kopf anlehnen dürfen. Die entscheidende Frage ist: Darf ich Menschen brauchen? Auch einfach so als Menschen ohne jede bezahlte Dienstleistung im Rahmen einer Funktion, die ihre (engen) Grenzen hat. Ich war und bin und brachte meine Gegenüber an die Menschlichkeitsgrenzen.

Das vielleicht letzte Wortgeschenk der Bezugspflege war der Satz „Liebe tut nicht weh.“. Sprachlos, weil im Gefühlstsunami des Abschieds befindlich und den enormen Trennungsschmerz gemeinsam mit der aus mir zu ihr fließenden weich warm Liebe strömend wahrnehmend, blieb das stehen. Der Verstand ist immer noch meinungslos dazu, schlichtes Nichtwissen. Das Herz kennt mich nicht anders als traumatisiert liebend und der Körper produziert ob des Prozessierens der starken Gefühle Schmerzen. Das besondere ist der verbliebene Raum in dem ich mich ganz und vollständig in die Erfahrung einlassen kann. Mich den emotionalen Bedürfnissen, dem Trennungsschmerz und dem Lieben stellen kann ohne funktionieren zu müssen, kompensieren zu können (weil ich am regulieren mit all meinen Werkzeugen innerhalb von Minuten scheitere), und mich ablenken zu wollen. Ich will lieben und ich will mir inklusive meiner Schmerzen nie mehr ausweichen, sondern sie hineinnehmen und erlauben zu sein wie ich (geworden) bin.

Da war die erste respektvolle, liebevolle, menschliche Zuwendung über ein paar Wochen für einzelne Tage präsent und aufmerksam verfügbar. Die wahrhaftige und vor allem auch spürbare Nähe ließ den Schmerz des Alleinseins lindernden Kontakt erfahren. Ich musste den emotionalen Schmerz nicht abschaffen, er durfte da sein und konnte etwas nachgenährt werden. Ich lebte für und von den bedeutungsvollen Stunden in denen sich mir die Bezugspflege mit all ihrem Sein geschenkt hat. Alles Erfahrene lebt weiter in mir, nun kommt nichts mehr dazu. Es ist zu Ende und ich bin in dem beschissenen Gefühl des wieder verlassen worden Seins. Die Trennungsschmerzen und der Zuwendungsentzug ist körperlich vernichtend und emotional ein Tränenmeer, dass meist ruhig dahintropft (durch die zwei Tage und Nächte seither) und sich manchmal unerwartet in ein impulsives, verzweifeltes Schluchzen aufbäumt. Jeder nicht mit konzentrierten Tun, wie bei der Evaluation, oder großer Anstrengung der Selbstregulation gefüllte Moment, in dem ich mich sein lasse, weine ich. Die ganze Wucht meines Erlebens fließt wieder (wie als kleines Kind) durch mein Nervensystem. Atmen, weinen, tönen, schluchzen, lieben, zittern, sehnen, würgen, sterben, das ganze Leben fließt durch mein kleines Gefäß. Ein Starkstrom aus Lieben, emotionalen Schmerzen, der Angst alleine zu sterben, die Kraft der Leidenschaft bis zur Erschöpfung. Mein Nichtwissen weint viel und meine Wahrheit noch mehr.

Nach fünf Nächten mit maximal drei Stunden Schlaf und in dem beschissensten Zustand meines bisherigen Erwachsenenlebens bin ich gestern erwartungslos mit der Pflege in Kontakt gegangen und die hat die Empfehlung „Arzt“ in so viel verstehende Zuwendung eingekleidet, dass ich mich darauf einlassen konnte. Ohne etwas zu erhoffen als Medikamente und der Klarheit keine Benzos nehmen zu wollen wartete ich. Da kam eine Psychiaterin, die wirklich mich als Mensch wahrnehmen wollte. Echtes Interesse an mir und keines daran hatte Medikamente zu verabreichen. Es wurde ein langer Austausch, der zutiefst ehrlich mir wieder Boden und Himmel verband. Sie erfasste und fühlte meinen ganzen Liebesschmerz mit. Eine weitere Glaubenskonstrukte zerstörende Erfahrung wurde mir geschenkt. Wir blickten in den zu Ende gehenden Tag und sie saß einfach auch nur da neben mir, dass was ich mir mein Leben lang von einem Menschen gewünscht habe, zusammen da sein, erfüllte sich. Sie meinte sie sitzt viel lieber in meiner interessanten Gemeinschaft als allein im Arztkammerl. Wahrgenommen werden, kluge Fragen mit ausreichend Lauschraum für entstehende Antworten getragen von echtem, tiefen Interesse und ehrlichen Selbstmitteilungen füllten meine schmerzende Leere. Mit Gänsehaut zuhören wie begeisternd sie es empfindet, dass jemand mit meiner Traumabiograhpie zu einer solchen Liebe fähig ist. Die Liebesfähigkeit ist ein schmerzhaftes wundervolles Geschenk, das ich da bekommen habe und für Liebeskummer gibt es keine Medizin. Dankbar die innere Wahrheit außen ausgesprochen zu hören rollten wieder Tränen. Und sie blieb, um später festzuhalten, es gibt sie nur in Form eines Menschen, der auch damit sein kann, wenn es eben gerade so beschissen ist wie bei mir. Das Gute darf scheiße sein. Spät in der Nacht trennte uns ein Notruf an ihrem Telefon und sie verabschiedete sich mit dem Impuls: Es ist Zeit das Liebespotential für MICH selbst zu nutzen und das braucht Geduld, Milde, Mut und Halt.

Ja, ich brauch Mut und Halt, um mich (und nicht irgendjemand oder etwas anderes) im Körper zu spüren. Der ist vorhanden, durch die enorme Energie aus dem Herzen, die (seit es sich so weit wie noch nie geöffnet hat) fließt. Die Liebe berührt den Terror der Einsamkeit. Wenn ich aus der Liebe lebe, sehe, fühle und spüre ich mehr. Einer der Erkenntnisse der schweren Nächte war „Liebe macht sehend“ den Anderen in seiner besten Version und mich in meiner Ehrlichsten.

Die lohnende Ernte dieser wieder schlafarmen Nacht war: Mein Herz bleibt offen, es verschließt sich nicht, es ist unverschließbar am lieben, auch im Erleben des Verschließens vom Gegenüber, des Trennens der Verbindung auf ungewisse Zeit, vielleicht auch für immer. Im größten Liebesschmerz bleibt es offen. Mein Lieben bleibt mir. Das ist eine wundervolle Erfahrung und tief berührend, weil ich erlebe wie sehr ich mein offenes, blutendes, liebende Herz will, auch wenn es sonst niemand Anderer gerade möchte. Eine Grenze bedeutet nicht mehr, dass ich mein Herz verschließen muss, sie ist kein nein zu meiner Existenz. Vielleicht ist der Satz „Liebe tut nicht weh“ also wahr und es ist allein meine Wahrnehmung, die dazu Schmerzen erzeugt, in dem sie ein Sehnen, Flehen, Verlangen nach Festhalten generiert. Die emotionalen Schmerzen sind jetzt da und sie sind alt. So alt wie ich. Diese Versuche die emotionale innere Leere zu fühlen, die Suche nach Körperkontakt, die verzweifelte Hinbewegung, um den inneren Mangel an Kontakt zu stillen, das selbst Zuneigung und Liebe übermäßig ausdrücken, um vielleicht ein paar Brocken zurückzubekommen. Ich nenne dieses Konglomerat mal meinen „emotionalen Hunger“ und der ist massiv da. Gemeinsam mit dem Lieben so in der Wahrnehmung wird langsam bewusster wie gekoppelt in mir der Liebesfluss mit dem Schmerz des Getrenntseins verläuft. Mein emotionaler Hunger ist von anderer Qualität als das „reine“ Lieben, er will, verlangt, verheimlicht, verzehrt sich, sehnt sich und will immer jetzt ein wohlwollendes Gegenüber. Das ist in einer erwachsen Beziehung unmöglich zu erfüllen. Die Form der Zuwendung wäre eine Eltern-Kind, Lehrer-Schüler, Arzt-Patient, Therapeut-Klient Konstellation (im besten Fall des Falls). Soweit die Erkenntnis, dass vielleicht Liebe wirklich nicht weh tut, ich die nur so schön schlicht alleine ohne meinen emotionalen Hunger noch nicht erleben kann. Dennoch ist sie da die Liebe und strömt einfach aus ganz unabhängig ob und wie die Person der sie zufließt mit mir zusammen ist oder nicht. In der Anerkennung der Trennung liebe ich diesen Menschen weiter. Nicht weil ich da was dafür tue, sondern weil ich es gar nicht verhindern oder lenken kann. Wenn mein Leben einen Sinn hat, dann den zu lieben.

Mein Ende ist nicht das Ende. Mein Ende und Beziehungslosigkeit sind eins. Nichts als Liebeskummer und alle(s) Loslassen müssen, intensivstes Leben ohne meinen Einfluss. Leben ist fortwährendes Sterben von Vorstellungen über mich. Getragen im Moment nichtwissend was kommt und doch ahnend es wird okay sein. Danke Leben, dass du besser bist als meine Vorstellungen. Da ist Liebe für mein Ende in mir und um mich. Es ist das Ende, meine Erfahrende für die Erfahrung zu beschuldigen. Und ein zaghafter Anfang vollverantwortlich unschuldig ich selbst zu sein.

Nun naht der nächste Abschied, der mich ganz aus der behüteten Heiloase entfernt. Ich habe hier so viel gefühlt wie nie zu vor, vor allem große Massen von meinem Trauerstausee ablassen können. Es bleibt dennoch viel übrig, was nach 12 Wochen Raum für Trauer nach 10 Jahren kaum, 25 Jahren gar nicht und dann noch mal 5 Jahren wieder weinen lernen verständlich ist. Ich bin eindeutig ein Gefühlsmensch, der nur mehr ab und zu vom Verstand überwältigt wird und immer mehr lernt im Körper spürend zu fühlen. Essentiell ist die Anerkennung und wenn möglich Würdigung der Tiefe meines Fühlens. Die Arbeit in mir selbst ist wie Freundschaft und Liebe nicht rational, sondern emotional. Ein wirkliches empfinden und bezogen sein Wollen. Sie ist verbindend, berührend, anstrengend, natürlich und kaum zu erklären. Sie braucht sicheren menschlichen Halt und spürige ehrliche Spiegel. Beides werde ich sehr vermissen. Diese langsam zugelassene Erfahrung, einer fürsorglichen Umgebung entzieht sich nun meinem Zugriff.

Es gibt in mir auch ein Vertrauen, dass die neuen Erfahrungen mich so weit im Inneren verändert haben, dass das Außen sich dem anpasst. Ich lasse zu, dass ich aufgefangen werde vom Leben, Menschen, Sternen, Bäumen, Tieren, Boden, Göttinnen, alles was mir Halt gibt darf sich mir zuwenden. Alle die Helfen mehr zu lieben sind willkommen. Das Leben darf mir zufließen, und das kann es nur, wenn ich zulasse, geschehen lasse, loslasse, offen bleibe und empfangen kann. Es geht um das Aufhören mich in mein Leben einzumischen, die Kapitulation vor dem Moment. Nicht nur einmal, sondern als Grundhaltung des mich auf das Leben Einlassens wie es ist. Mich nehmen wie ich bin und damit atmen. Mir erlauben auch ohne Unterstützung ich selber zu sein und keine Anforderungen mehr zu stellen wie ich zu sein habe. Es geht ums Reinnehmen (nicht ums wegmachen), um die Hineinforderung ins nackte, wahrhaftige eigene Leben. Da ist eine neue echtere Art von Hoffnung nach Beziehung mit Sicherheit, Geborgenheit, Zuwendung und Liebe innen wie außen. Eine, die tiefer ins hier und jetzt trägt, anstatt auf weltfremd außerirdische Sphären abzuzielen. Eine Begegnung der mitunter höllischen wahren Gefühle statt in einen idealisierten Himmel zu flüchten. Das Ziel der Menschwerdung ist sich der Menschlichkeit aller immer bewusster zu werden. Und das ist ein andauernder Weg. Heilung ist ein Prozess der nicht endet.

Leben ist zuerst empfangen und dann vielleicht handeln. Mein Nichtwissen ist weise. Ich weiß nie wie nahe ich dran bin. Alles ist letztlich Ungewiss und da sind sie wieder die Ängste, vor allem jener zu Hause völlig zu dekompensieren, mich zu verletzten und autark nicht mehr lebensfähig zu sein. Ich möchte dafür sorgen, dass da Menschen in mein Leben kommen, um nicht mehr so autonom funktionieren zu müssen. Mir irgendwie ein tragendes Netz der Fürsorge aufzubauen, um vor allem emotional weniger einsam zu leben und mehr Halt zu haben fürs Spüren, Fühlen und „nicht können“. Diese Vulnerabilität nach der Klinik, kann vielleicht das erste Mal für Außen im Ansatz sichtbar machen, wie schlecht es mir geht. Darin liegt eine Chance, weil ich das sonst nicht vermitteln kann. Mir hilft ein wenig, dass das Leben sich immer irgendwie erhalten will, wenns drauf ankommt. Im letzten Moment auch autonom. Das kann mich manchmal beruhigen, vor allem im Bezug auf Suizidgedanken. Selbst mit ihnen habe ich gelernt zu leben. Und wenn es dennoch so kommt, dann wird auch das genau so sein wie es ist. Ich bin bereit aufgefangen zu werden vom Leben. Fallen gelassen bin ich oft genug worden. Vielleicht ist der Anfang von Gott da, wo alles in mir zu Ende ist.

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