Wie wachse ich an Leid und Gewalt?

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Meine Geschichte mit ganz vielen Tabuthemen lässt mich einsam fühlen. Die Narrative für meine Erfahren gibt es fast nicht. Gewalterleben und Übergriffe durch Nahestehende und Institutionen sind unter Menschen in ein Kleid von Schweigen gehüllt. Vorlagenlos suche ich Worte für mein Erfahren(es), um nicht isoliert mit der Gewalt in mir zu Grunde zu gehen. Missbrauchte gewesen zu sein und damit weiter zu leben erschöpft mich. Scheitern im Selbstmanagement und eingehen in die einsame Bedürftigkeit, die unter der Angst wieder Verletzt zu werden ausgehungert agiert. Auf dem unstillbaren emotionalen Hunger und dem tiefen Schmerz beruhen unzählige Versuche Sicherheit, Geborgenheit und Kontakt aufzubauen nur um dann wieder von den Angstwächtern zunichte gemacht zu werden. Eine einsame Heldin und totale Katastrophe, so bin ich in meinen Augen. Mein Mut mit Schwierigem raus zu gehen ist da. Worte aus meiner Bibliothek folgen. Ich werde schreiben solange ich es (noch) kann. Wer will kann in die Fußstapfen treten und etwas Eigenes (zurück) schreiben.

Die auf den verschiedenen Kieferoperationen und dem temporären am linken Auge Erblinden beruhende Unsicherheit und Sprachlosigkeit bringt mich noch intensiver in die Innenschau und essentiellen schreibenden Ausdruckskanal. Er ist der Kommunikationsraum für die existenziellen Prozesse, die derzeit mein Erleben formen. Meine Sein möchte auf Papier, meine Wahrnehmung möchte verstehbar werden, meine Versuche sind zahlreich, der Ausgang wie immer offen und führt womöglich in einen Eingang. Mir schreibend als Gegenüber den Raum der Erlaubnis halten mit dem Atem als meinem Partner. Alles was ich schreibe ist ein Ausflug in Wahrhaftigkeit. Nirgends kann ich so ehrlich sein wie im Schreiben. Ich traue mich meine Geschichte zu schreiben wie sie im Moment da ist ohne Weglassen und Dazudichten. Ich mache (mir) keinen schönen oder schaurigen Maskenball, sondern bewege mich im Schreiben Wort für Wort an den Klippen der radikalen Ehrlichkeit. Dabei immer wieder Leere wahrnehmen und die Sehnsucht nach dem (respektiert) Werden des Eigenen und der Eigenzeit in den Prozessen. Es gibt keinen Raum zurück ins Funktionieren. Im Tal von den spitzigen Bergen verabschiedet sich alles und jeder. Dastehen in der Eingangswelt zum Totenreich und alles zurücklassen, vor allem die Verletzungen, um letztlich vielleicht als geläuterte Seele lebendig zu sterben.

Keine Erinnerung geht jemals verloren, selbst wenn wir noch keine Sprache und Bilder dafür hatten. Unser Körper vergisst nie. Alles bleibt gespeichert im Nervensystem und sorgt für Körpererinnerungen, bei mir vor allem Körpertraumareinszenierungen. Ich bin aufgewachsen mit einem Gefühl von Leere, Getrenntheit, einem tiefen Loch in mir, einer Angst, nicht zu bekommen, was ich brauchen, einem unstillbaren (emotionalen) Hunger. Vielleicht sind wir ja alle mehr oder weniger tief verwundet als westliche Gesellschaft und haben uns im großen Stil etwas sehr Wertvollem beraubt. Unser erstes somatisches Erlebnis von Liebe, zusammen mit dem warmen Hautkontakt und einem Gefühl von tiefer Geborgenheit.

Warum ist mein Körper in diesen chronischen Krankheitsschleife und was erhält sie am Leben? Die Antwort ist meine Lebensgeschichte mit frühkindlichen Traumata voller Ohnmachtserfahrungen die nun in einem Schutzwall an Kontrollverhaltensweisen eingesperrt mein Leben, Ernährungs- und Bewegungsverhalten bilden. Ich glaube so wenig an mich, traue mir wenig zu. Vor allem aber habe ich fast kein Vertrauen in die Welt und die Menschen, dass meine Bedürfnisse erfüllt werden würden. Dass ich wirklich satt werde mit dem, was ich individuell brauche. Das ist der andere Teil der Wahrheit, mein Körper kann nicht gut mit Nahrung umgehen und ich kann nicht gut mit mir und der Welt sein. Eigentlich ist mein Körper das Vertrauensvollste was ich habe. Meinem Verstand zu trauen wäre ein verrückter Akt und die Gefühle sind ähnlich labil gelagert.

Verschiedene Muster tauchen in meinem Leben auf: Das Pendeln zwischen diszipliniertem, krankheitsbedingten benötigten Ernährungs- und Bewegungsverhalten und erschöpften überwältigenden Schwierigkeiten mich tagsüber zu irgendetwas aufzuraffen. Ab und zu kommt es zu die Leere füllenden abendlichen Essattacken in Form von verbotenen Lebensmittel (die richtig Guten, die mit den Gluten). Askese dominiert fast immer, der Kopf kontrolliert die Zutatenliste schon beim Einkauf und Einladungen werden selten angenommen; vor allem wenn sie mit gemeinsamer Nahrungszufuhr geplant sind. Ab und zu rebelliert mein Inneres (Kind) und ist mit nichts mehr zu beruhigen. Ein andauerndes inneres Schreien nichts zu bekommen, keine Freude, keinen Genuss. Der Druck wird großer und irgendwann wenn es im Außen auch noch stressig ist, zum Beispiel weil ich mich verletzt, verlassen und einsam fühle, treibt es mich in den Konsum von leeren Kohlehydraten. Da gibt es doch noch ein Geschenk im Tiefkühler selbstgemachte Laugenstangerln. Und wenn nicht, dann gibt es diese großen Häuser die Milchstollen in Großpackung an die Frau bringen. Zum eingraben gut. Momente des Kontrollverlustes, die üble Folgen haben (Blähungen, Durchfall, Entzündungen, Nachtschweiß) und meine chronischen weiter Krankheiten anheizen. Im Moment geht nicht mal diese Notbefriedigung aus Mangel an Beißvermögen.

Und so zeigt es sich deutlich, dass alltägliche Unvermögen Lebensfreude zu empfinden, mir Genuss zu gönnen und zugleich die Angst damit zu kurz zu kommen. Mit Genuss körperliche chronische Beschwerden schmerzhaft zu provozieren. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit. Ich verstecke mich mit den Krankheiten auch ein Stück weit, weil ich mir selbst wenig vergönne und dann wieder im Überfüttern ein emotionales Loch der fehlenden Geborgenheit im Leben kompensieren will. Kompensationslos leben macht klar.

Tiefe Verletzungen bestimmen alles für immer, da kann man und frau nichts tun. Wie oft habe ich im mir endlich Hilfe holen erlebt, dass die mich im Stich lässt oder noch tiefer verletzt und meine Schmerzen vermehrt anstatt zu lindern. Überall wo ich hingehe bringe ich meinen Schmerz mit rein, selbst wenn ich ihn unterdrücke. Der tiefe Schmerz berührt alle meine Erfahrungen, durchdringt sie, verdirbt sie. Ich verderbe alles. Wenn ich laut werde, womöglich gar schreie oder weine, erzeuge ich Not bei anderen und sie wenden sich ab. Überall in mir ist auch Schmerz und ich kann nirgends hin damit. Ich muss es alleine schaffen und das funktioniert einfach nicht. So möchte ich nicht weiter leben und bin dennoch damit in meiner Ohnmacht zugegen. Meine Bodenlosigkeit ist nicht änderbar. Das große unerfüllte Liebesloch bleibt genauso wie der unstillbare Hunger. Dort wo Mangel herrscht fehlt es an Liebe. Und dort wo Liebe fehlt herrscht Mangel. Ich brauche einen Menschen, der mein Verderben (aus)hält. Und ich traue das keinem zu.

Im den Film meiner Lebensgeschichte hier schreibend anhalten, realisiere ich wie sehr ich ein Gefühl von Geborgenheit brauche. Mein Körper lügt nicht, er leidet, weil ich im Mangel an Liebe lebe. Da ist sie die Erinnerung an meine Urwunde. Mein Verstand ist enttäuscht von meinem Körper. Er nutzt ihn als Projektionsfläche. Eigentlich ist er enttäuscht vom Leben und den Menschen. Und fragt mich wie es möglich ist mich wirklich tief zu nähren. Nichtwissen immer wieder. Wolken des Nichtwissens türmen sich in alle Richtungen auf. Mein Verstand kennt die Liebe nicht. Ich kann aufhören mit ihm nach ihr zu suchen. Der Lebensfilm läuft weiter und meine Augen sind auf der Suche nach Liebe, die Füße können Schritte machen, die Hände können nur Milchbrötchen greifen. Es ist ein leeres Leben das Meinige.

Ausgehungert an Berührung… Berührung mein tiefstes Sehnen und meine vermisste Wahrheit!

Ab und zu spüre ich meine natürliches Wesen, das wahrhafte, unschuldige Berührung leben möchte, frei von Bewertung. Schlichter wahrhaftiger Austausch auf Augenhöhe, einfühlsam und achtsam. Und da ist sooooo viel in den Zellen abgespeichert aus dem eigenen Leben und den Ahnenlinien! Ich spüre immer wieder die tiefe Angst, missverstanden zu werden und missbraucht zu werden. Da ist es wieder das Tabuthema des Missbrauch. Das unsichtbare Damoklesschwert über meinem Kopf und der schützende Brustpanzer. Ich erlebe und spüre mich selber als Wesen, dessen Essenz verletzte Berührung ist! Es liegt so sehr in meiner Natur zu berühren, zu halten, mich anzuschmiegen… und gleichzeitig habe ich über viele Jahre so viel Ablehnung, Missbrauch und Missverstanden-werden erlebt. So gehe ich seit Jahren einen verzweifelten Weg der Heilung des berührbarer Werdens. Ich wünsche mir von ganzem Herzen Menschen, mit denen ich all das leben kann. Ein paar sind schon da, ich danke ihnen hiermit aus meinem Innersten dafür.

Da sind zwei Anteile: Der Eine, der in Verbindung sein will, der Nähe und Gemeinschaft will und der Andere (der sich überlastet, überfordert, ausgelaugt, erschöpft fühlt), der einfach immer nur denkt: „Geht alle weg! Was wollt Ihr von mir? Der auch aus den Erfahrungen resultiert und erlebt hat, dass die eigenen Bedürfnisse nicht zählen, sondern nur die der anderen und der Gemeinschaft, der sich alles unterzuordnen hat. Erschreckt hatte mich vor einiger Zeit, dass ein großer Teil von mir gerade gar nicht geben möchte, sondern selber nur empfangen. Ich möchte hingebungsvoll offen daliegen, genährt und verwöhnt werden und mich dabei vollständig sicher und gehalten fühlen, so lange, bis ich satt bin. Da ist der Wunsch eingeladen zu werden, es mir auf einem Schoss ganz gemütlich zu machen, meinen Kopf in der weichen Kuhle eines Schlüsselbeins zu spüren. Dort darf ich atmen, ein und aus, und mich geborgen fühlen. Die Wärme, den Atem, den Schmerz und meinen verängstigt erstarrten Körper spüren. Wir sitzen so und vergessen die Zeit, es gibt keinen Druck, kein Muss, keine Termine. Ich bin da, ich bin so lange da, wie wir es mögen. Es gibt nur das Gefühl der Wärme, den Rhythmus des Atems und das Schlagen zweier Herzen.

Es ist mir so bewusst geworden, wie blockiert ich war und bin mit dem auf der Ablehnung meines natürlichen Flusses an auf andere zugehen, berühren, umarmen auf der einen Seite und auf der Angst, wirklich tief berührt und gehalten zu werden aus Angst vor Missbrauch auf der anderen Seite. Pures Sehnen aufgeben zu dürfen und mich halten zu lassen und dann wenn es möglich ist bemerken wie der Körper festhält. „Gib auf“ kommt die Einladung von einer Frau und millimeterweise sinkt der Körper in die vertrauensvollen Hände, um wieder ins Festhalten zurückschrecken, hin und her erleben und damit geht etwas in Heilung. Da ist ein Mensch der mich zeitweise auch in meinem Schmerz aushalten und halten kann. Nichts an mir ist verkehrt findet und mit mir da bleibt für einen Bruchteil einer Stunde. Eine Frau bleibt mit mir da auch in meinem Abgrund. Das ist das Größte, die tiefste Entspannung. Mich in dem spüren was da ist hat die Qualität die ich leben möchte in allen Ebenen. Wahrhaftigkeit ist das Einzige was noch geht und mich noch führt.

Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Kein Mantel des Schweigens wird bestehen bleiben. Ein jeder Tag ist eine Einladung Altes zu bereinigen und Neues zu erleben. Das Leben hilft mit den Weg zu weisen. Die äußeren Augen zu richten auf Unstimmiges. Die inneren Augen zu richten auf Wahrhaftiges. Ich versuche aus dem Stocken ins Fließen zu kommen. Fließe im freier werdenden Willen mit im Fluss des Lebens. Im Großen sind wilde Wasser vorgesehen. Abwehrtürme, die einstürzen. Weltbilder, die sich in Rauch auflösen. Illusionen, die zu Asche zerfallen. Mein Lebenskonto bereinigt sich. Rauch und Asche rauben mitunter den Atem und die Sicht. Und es ist fruchtbare Asche, wenn ich ehrlich bin wird daraus etwas entstehen. Ich werde Himmel und Hölle für mich in Bewegung setzen, um zu erfahren wie fehlendes Vertrauen heilt.

Vielleicht durch das Finden und Sammeln von weiteren Puzzleteilen meiner persönlichen Geschichte. Ich möchte gerne ein neues vertrauensvolles Kapitel schreiben, wo das Leben, Essen und Bewegen (müssen und nicht gut mir angemessen können) nur mehr ein kleines Thema ist. So dass es mich nicht mehr in eine starke Stress-Zusammenklapp-Achterbahn bringt. So dass es symptomatisch wird und sich in körperlichen Missempfindungen ausdrücken muss. So dass ich nicht mehr den tiefen Schmerz des in der Welt nicht geborgen Seins und die Sehnsucht nach liebevollen Halt kompensierend, meine Bedürfnisse bis Begierden kriegerisch unterdrückend aushalten muss. So dass ich einfach mit viel mehr Freude durch den Fluss des Lebens, durch Geben und Nehmen navigieren kann. So dass ich wahrhaftig leben kann.

Vorerst annehmen wie es ist. Etwas in mir will heilen und ich kann es nicht. Also mein Unheilsein erlauben. Meine Brüchigkeit, Bodenlosigkeit, Widerwärtigkeit… all das Widerstrebende und die Ohnmacht. Kaputt sein und bleiben. Verletzt sein und übel bleiben. Scheitern und schreiben. Riskieren, dass nichts aus mir wird. Alles Gewordene hat zu nichts geführt. Also weiterleben im Niemandsland.

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Collage Writing

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In Untiefen berührt von mir selbst, liebevoll gehalten im weit offenen und klar strukturierten Raum von Johanna Vedral1 (Danke wieder und wieder writersstudio Stipendium für den passion writing Jahreslehrgang!), umgeben von faszinierenden da bleibenden Frauen kamen die Techniken des Collagierens zur Anwendung. Nun sind sie da um zu bleiben, als Möglichkeit Zugang zum Unterbewussten zu bekommen. Dorthin wo Fühlen, Spüren, Sprechen, Sinnieren, ja nicht einmal Malen hinreicht, dort legen die Bilder intuitiv große Tiefen frei. Der Workshop „Collage Dream Writing“ veränderte die Art und Weise wie ich existiere und möchte ich dir einige Impulse weitergeben.

Die zurückliegenden Jahre, habe ich Bilder abgewertet, aus spirituellen Ansinnen, aus Gründen der Regulation von Traumaüberflutungen und den Einsichten des Enneagramms, die mir zeigten wie ich in Traumwelten aus der Wirklichkeit flüchte und am Leben vorbei lebe. Nun es waren radikale Schnitte und ein großer kreativer Teil meiner Selbst hat sich damit mit verabschiedet. Jetzt und hier wieder Bilder erlauben, sie da sein lassen, mich auf sie einlassen, kommt einer Umkehr gleich. Die Hände führen lassen, mich in meinen Bildern fühlen, das spüren was im Verborgenen liegt. Damit in Dialog treten im Achreiben, im Aussprechen was anklingt, im Gehört und Reflektiert werden geschieht Transformation. Sichtbar werden für mich und andere. Alles auch die Tränen, das Strudeln, das Lachen, die Überflutung, das Verbrennen, die Euphorie, das Ein- und das Wiederauftauchen erleben.

Der kreative Prozess ist faszinierend im mäandern und sich ausformen, im Spiel aus klarer Struktur, die den Halt gibt wie ein gutes Flussbett, für den freien tiefen Prozess des kreativen Schaffens als Lebensfluss darin. Lernen mit Regeln frei zu sein und in aller Freiheit sich einen Rahmen zu geben ist neu und wichtig. Ein Kern meiner Rebellion eröffnete sich in der unter Tränen realisierten Erkenntnis: Regeln einhalten tut gut, wenn sie Sicherheit und Geborgenheit erfahren lassen. Überabzählbar viele Male habe ich mich gequält mit dem Regeleinhalten und nicht erfahren dadurch sicher und geborgen zu sein. Und genauso viele Mal, habe ich dann aus Trotz und Verzweiflung gegen das Regeleinhalten rebelliert. Eine erschöpfende Lebensweise. Nun da es anders erlebt wurde, gehen Welten auf, die mir ermöglichen entspannt in und mit Strukturen sein zu können. Das aus dem wundervoll gehaltenen Workshop(schutz)-Raum raus sein und wieder ins eigene Grenzenlos fallen, liefert umgehend die Aufgabe die Grenzen zu (be)achten. Das Bewusstsein darauf zu halten, dass ich die Bilder und deren Energien habe, und nicht die Bilder mich. Offen zu bleiben im Forschen und Sein von Grenzen, Strukturen, Fließen und Auflösen. Mir meinen Container und heilsame Strukturen entwickeln innerhalb derer ich tief loslassen kann. Moment für Moment forschen: Wie viel Struktur brauche ich, um frei loszulassen? UND: Wie viel Freiheit benötige ich für meine Bedürfnisse, um kreativ zu sein und Formen entstehen lassen zu können? Wie bei so vielem macht die Dosis das Gift, und mitunter bade ich im Gift. Auch das erlauben, spüren, fühlen und erfahren wie ich eintauche ohne aufzutauchen. Alle Bilder schauen. Jedes Bild ist eine in Form verpackte Mischung aus Emotionen. Bilder sind eine große Fülle an Gefühlen! Jenseits von Erscheinungen nach dem alle Bilder gesehen wurden, eröffnet sich die Leere. Im Kern geht es auch im Zusammenwirken von Freiheit und Begrenzung darum in jedem Zustand bewusst(er) da zu sein.

Zurück zum Collage Writing:

Es gibt so viel mehr als vision boards und etwas von dem „mehr“ möchte ich hier mit euch teilen. Bilder und Geschichten bereichern einander. Bildercollagen erschaffen Geschichten die aus der Tiefe kommen. Es ist ein sich selbst überraschen, sich näher kommen und die Bilder erlauben. Sie suchen mich aus genauso wie die Worte. Collagieren ist ähnlich dem luziden Träumen und bewegt sich im bildhaften Denken. Collagenaugen führen Aspekte zusammen. Bringen Disharmonisches in einen gemeinsamen Gestaltungsraum. Was reif ist wird sich zeigen. Erlauben ohne Zensur zu schaffen ist die große Kunst. Da rein zu tauchen und anschließend durch das Schreiben und Sprechen wieder aufzutauchen leistet viel Integrationsarbeit. Gleichzeitig regeneriert der Prozess an sich schon das Gehirn genau wie im Traumschlaf. Ohne Rahmen entgrenzt Bildarbeit. Überflutungstendenzen regulieren sich durch Begrenzungen im Format, und der Zeit. Und der bewusste Ausstieg wieder ganz in den Körper transferiert zurück in alltagswache Zustände.

Innere Orte/Personen/Wesen/Archetypen durch Collagen sichtbar machen:

Dabei werden inneren psychischen Energien einzeln auf kleinem Format (A5) Ausdruck geben. Meist mit einem größeren Hintergrundbild und kleineren Bildern im Vordergrund. Genau ein Wesen, eine Energie, eine innere Person, eine archetypische Kraft wird dargestellt; manchmal auch auf mehreren Collagen bis sie ganz sichtbar wird. Hier beginnt eine Beziehung mit den aus dem Inneren heraus geborgenen Bildern arrangiert zu einem Klumpen aufgeladen mit Energien und Emotionen. Manche Teile in uns können nur in Bildern sprechen und andere stecken fest, beide können nun bewegt werden. Dafür kann aus den Collagen heraus geschrieben, mit den Bildern ein Dialog zwischen ihnen oder Bildelementen und dem Selbst entstehen. Abschließend wechselt die Perspektive zum über die Collage schreiben und ihr einen Titel geben.

Offener von der Struktur sind Seelencollagen in einem A4 Format. Hier leitet die Seele und offenbart was sich zeigen möchte. Man kann mit offenen Augen frei auf Papier mit Bildern träumen. Strenger und damit sicherer in der Struktur sind Heilungscollagen für die zeitlich Teilschritte mit Auf- und Wegräumpausen dazwischen guten Halt geben. Dabei ist der thematische Fokus auf die Teile in sich die nach Heilung verlangen. Zuerst gibt es 10min Bildersuche, dann 15min Ausschneiden und Betrachten, als nächstes 10min Arrangieren und zuletzt 15min kleben und finalisieren der A3 Collage. Nach einer erdenden Praxis kann eine schriftliche Reflexion folgen, bei der die Heilungscollage in neun Teile abschnittsweise einzeln mit assoziierenden Worten bewegt wird. Die geometrische Mitte offenbart eine vereinende, zusammenführende und verbindende Kraft, der umgebenden häufig gegensätzlichen Bereiche.

Einige Beispiele aus der eigenen Schöpfung:

Opferselbst

Aus der Collage schreiben:

Ich bin die rechte Brustwarze in die die Messerspitze ragt. Taubheit erlebe ich und flehe darum so wenig wie möglich Luft zu bewegen. Jeder Atemzug vertieft mein Wundsein. Ich bin die lange Kehle in der ein Skalpell steckt. Es schneidet tief runter, trennt mich von meinen Lauten. Ich bin angeschwollen, durchtrennt, beschnitten, gefoltert bis ins Schweigen. Ich bin das fest geschlossene tierische Maul und halte am blutroten Vorhang fest. Ich bin das übergroße dritte Auge in dem ein schwarzer vertikaler Balken steckt. Ich sehe viel an den Rändern, doch nichts im Zentrum. Finstere Mitte, kein Kern, so bin ich zur Selbstblindheit verdammt. Ich bin der linke weit aufgespannte Flügel. Ich versuche abzuheben, doch ein totes drei-fingriges eingesponnenes Etwas in mir macht jeden Versuch die Schwerkraft zu überwinden zu Nichte. Ich bin hilflos! Ich bin auch noch da. Die rechte Ellenbeuge in der ein Tropf mit einer Spritze hängt, jene vom Teufel. Er initiiert sich in mich. Ich bin das ganze eine gefolterte Hexe geopfert um totlebendig in Qualen zu sein. Meine Träume werden niemals frei. Es gibt keinen guten Ausgang. So bin ich und beginne eine endlose schmerzende Beziehung zum Leben zu führen. Angenommen du Sehende und ich Leidende wir sind gemeinsam da und so weniger einsam. Lass uns näher kommen.

Über die Collage schrieben:

Es war einmal ein menschlicher Phönix. Geschaffen, um zu leiden. An den chronisch krank machenden Tropf der Medizin gehängt. Ganz selbstverständlich gefesselt und gefoltert von den Vertreter Gottes als weibliches Etwas. Die Brüste durchbohrt mit Angelhacken. Eingeritzt und aufgekratzt die Haut. Die Kehle im Griff kräftiger Finger, um jeden Laut zu verhindern. Still leiden so gehört sich das. So liegt ein menschlicher Phönix blutend totlebendig in seiner Form. Die Seelenanteile aus dem Körper im Universum verstreut suchen Gott, Göttin. Suchen Rettung und fliehen ohne wiederzukehren. So verlassen hält sich der Schnabel am blutroten Vorhang fest. Die Gedanken kreisen um die Sehnsucht, dass endlich der letzte Vorhang fällt. Nichts mehr festhalten müssen und von niemand mehr festgehalten werden; davon träumt ihr ruheloses Herz.

Aus den Collagen schreiben:

Eine Hand liegt auf meiner Brust. Die Berührung ist achtsam absichtsvoll. Sie bleibt da während mein Brustkorb zu vibrieren beginnt und in ein Beben wechselt. Rohe Energien steigen auf und verstecken sich wieder in Erstarrung. Die Hand bleibt in Kontakt mit meinem Ringen. Körperlich sexuelle Energien schützend abwehren und gleichzeitig emotional das Sehnen nach nahem bleibenden Kontakt spüren. Zerrissen-werden in Splittern und Fetzen in Kopf und Genital. Die alte Trennung spannt sich auf. Einlassen wollen auf den ersehnten verschmelzend auflösenden sexuellen Akt und zitternd die rollenden Tränen der Angst gewahr werden. Bleibend die Hand auf meiner Brust und forschend das Glied locker zart anliegend in Berührung mit meiner Yoni. Feuchte Verschlossenheit, anbahnender Kontrollverlust, stockender Atem.. Blackout, schwarz, nichts mehr, orientierungslos, zeitlos, raus geflogen dissoziiert im Nirgendwo, isoliert vom Körper. Schwarze Hände wollen mich greifen und rot geschwollene Augen suchen mich. Es sind meine eigenen Augen. Alles verschwimmt. Blut tropft. Ich spüre nichts.

Über die Collagen hinaus eine nächste Szene schreiben:

Schatten von Händen. Schatten einer Frau. Reale Hände körperlos ein paar Zentimeter über meiner Haut. Ich sehe sie vom Universum aus. Schatten eines Engels. Goldener Schatten umrahmt verborgene Schönheit. Über die Berührung ergießt sich ein farbloses Licht in meinen Körper, durchbohrt gleißend die Zellwände und dringt ein bis in den Kern. Ich spüre alles.

Es tut weh, erhellt mein Grauen. Ich bin da im vergeblichen Kampf was Eigenes zu bewahren. Durchdrungen werden einer Zerstörung gleich, wird schmerzhaft sichtbar was zu verstecken ich mir zur Lebensaufgabe gemacht habe: Den Missbrauch, die Wollust, die Gewalt, die Gier, die Züchtigung, die Maßlosigkeit, die Hilflosigkeit… den Selbstmissbrauch, die Selbstunterdrückung, die Selbstkasteiung, die Selbstbeschneidung, die Rage, die Lustverbote, die zueigen gemachte Quälerei.

Der Hass und die Angst brodeln, lodern, verbrennen darin schreckhaft fahrig. Flirrendes Nervensystem, bitterer Geschmack, übles Grauen im Bauch, unkoordinierte Gedankenfetzen. Angst vor allem in mir und Angst davor über all das in mir die Kontrolle zu verlieren. Unmengen an Angst über den Hass die Kontrolle zu verlieren.

Meine Chamäleonhaut der (Selbst-)Täuschung reißt, erhitzt und trocknet. Ein amorpher Rohzustand zerplatzt mich und bleibt bestehen. Ohnmacht greift mich. Die Wahrnehmung verschwimmt zwischen fremder und eigener Gewalt. Berührt gewaltsam hungernd nach Kontakt.

Und dann bin ich aufgewacht. Unberührt, allein mit meiner Inszenierung. Ohnmächtige Schöpferin im eigenen Unheil. Am Holzweg zu mir selbst finden. Wach sein im Arsch der schmutzigen Tatsachen. Erkenntnis ist Gift. Mitgift ist Erkenntnis. Hier ist mein Scheitern. Ich habe bekommen was ich gebraucht habe. Zu früh zu viel Sexuelles und dann lange nichts mehr. Ganz früh gefallen über den Rand der Welt und schier unendlich lange am Rückweg in den Körper.

Intuitive Heilungscollage

Aus den Collagen schreiben:

Ich bin die Mitte eine nur mit weichem Blick sichtbare große offene Vulva. Dunkelrot, groß mit grauen Schattierung ins Zentrum geklebt, ganz aufnahmefähig, komplett offen. Ein starke verletzliche Mitte bin ich. Unbekannt und dunkel genau wie mein vermutetes Zentrum. So war ich noch nie, so wäre ein Teil von mir gerne. Unmöglich denkt es. Nur in der Bewegung des Verschließens kann ich mich halten. Sonst sinke ich auf den bodenlosen Grund. Grenzenlos offen bin ich der Fall ohne je wo anzukommen. Gestalterin oder Geformte, was habe ich schon in der Hand?

Müdigkeit, da ist eine tiefe Erschöpfung. Wer lenkt meine Müdigkeit? Was macht meine Augen sehend? Sie wollen sich schließen, nichts mehr sehen. Wer liebt meine zerstörten Orte? Ich kann meinen Raum nicht ausmachen, ausloten, er ist unendlich. Hier und jetzt schreibend kraftlos die Teile bündeln. Ich bin da. Traurig ohne Grund. Ich spüre die weichen Wellen des inneren Fließens, das in brandenden Wogen an die Ufer meiner Berührbarkeit drängt. Einzelne Tränen fließen, sie schmecken salzig.

Wie kann ich jemanden wirklich vertrauen lernen? Mit einem Menschen meine Verschlossenheit anschauen. Mit einem Menschen mein „nicht erwachsen Gewordenes“ zulassen. Wer schaut mit mir meine Wunden an ohne etwas zu fordern? Mit einem Menschen sein, der nichts will und einfach nur da bleibt, danach sehnt sich alles in mir. Nach einem Menschen der mich nimmt wie ich bin. Mich mit all dem Gehassten! Und wirklich bleibt. Eine Person die nicht geht, sondern bleibt, selbst wen ich dissoziiere. Mit mir fühlt und sich fühlt. Mit mir spürt und sich spürt. Ein Mensch mit dem ich lerne bei mir zu bleiben und in mir okay zu sein. Ich sehne mich so sehr nach einem Menschen, der genug Liebe, Zeit und Raum in sich vereint, um bei mir zu bleiben. Ein Mensch bei dem ich vertrauen lerne. Mit dem Anvertrauen geschieht, sich Herz und Vulva anvertrauend öffnen, und geborgen sein möglich ist. Mich tief gemeinsam ausruhen und runter fahren wie hochschießen erleben. Nicht wieder nach der Intensität und Überflutung mit mir alleine erst bei absoluter Erschöpfung heruntergefahren werden vom Körper. Es geht um die Sehnsucht vertrauen zu können. So wie die offene weiche Yoni umgeben von allem und jeden aufnahmebereit da ist für Schmerz wie Ekstase. Es geht in meiner Heilung darum mich dem Vertrauen zu öffnen.

Über die Collagen hinaus ein Pantun schreiben:

Bitte bleib.

Ich fühle mich in meinen Bildern.

Unbekanntes Vertrauen in beklemmender Brust.

Offener Schoß, weich atmend.

Ich fühle mich in meinen Bildern.

Da schau her!

Offener Schoß, weich atmend.

Bitte fühl die Wunden mit mir.

Da schau her!

Lass mich… diesmal nicht alleine.

Bitte fühl die Wunden mit mir.

Der Zuschauer ist der Tod.

Lass mich… diesmal nicht alleine.

Offener Schoß, weich atmend.

Der Zuschauer ist der Tod.

Bitte bleib.

1 Mag.a Johanna Vedral Psychologin/ Autorin/ Schreibtrainerin, Herausgeberin SCHREIBRÄUME https://schreibraeume-magazin.at/, Web: https://schreibstudio.at/
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