Die dünne Haut der Schreibenden

Alles neu macht das zauberhafte Leben in der dünnen Haut der Schreibenden!

Der Zufall brachte am 13.1.22 eine Stipendienanzeige zum „passion writing“ zu mir…

die Einfälle flossen am Tag drauf in ein ehrliches Motivationsschrieben

Motivationsschreiben für ein Stipendium vom Kurier zur Teilnahme am Lehrgang „Passion Writing“ im Writersstudio

Ein Anfang. Eine eröffnete Tür ist diese Ausschreibung in der Kurierbeilage für mich . Seit eineinhalb Jahren schließen sich in meinem Leben die Türen jene zur Gesundheit, die zur Teilhabe am Arbeitsleben und damit auch zu vielen Beziehungen. Mit der körperlichen Schwäche und im Rückzug ohne Aussicht auf was Neues, da wo alles Alte nicht mehr geht stehe ich am Gang des Lebens und versuche mich zu orientieren. Schwierig ohne Rolle und Funktion mitunter identitätslos in Beziehung zu sein. Ich war mal so Einiges in der Welt. Im Moment gerade zurück von zwei Monaten Reha bin ich ein Niemand. Gekündigt, ausgeschlossen, arbeitsunfähig sind die formalen Daten. Lebendig, nichtwissend, immer noch schreibend bin ich offener Empfang. Und so kam es, dass ich die Kurierbeilage las, obwohl ich doch schon lange nicht mehr die Leitung der Berufsorietierung am ehemaligen Standort überhabe. Die Augen bleiben hängen am Bild mit Stift und Schreibblock, die beiden waren seit ich die Kulturtechnik des Schreibens trotz meiner Legasthenie erlernte mein Halt. Alles konnte und kann aufgeschrieben werden, jede innere Regung für die niemand Zeit und Interesse hat(te), jede äußere Beobachtung die das Bewusstsein einfängt. Was bleibt wenn alles zerfällt und wegbricht. Für mich ein Stift und Papier dort darf ich mit allem sein wo auch immer ich bin.

Herzklopfen und es ist wieder da das etwas Wollen, ja ich will dieses Stipendium zum „passion writing“ Lehrgang. Die Seele ruft laut, der Geist meldet Zweifel an. Letzterem habe ich viel zu lange zugehört und mich zu allem Unmöglichen getrieben, um wo dazu zu gehören (sogar zum Mathematikstudiumabschluss). Mehr und mehr leidenschaftslos das weitervermitteln was ich kann und das damit verursachte Leid(en) der jungen Menschen (an der höheren Mathematik wie am strukturell gewaltsamen Bildungssystem) mittragen. Bis es nicht mehr ging, bis selbst Zwang und Überwindung meinen Körper nicht mehr bewegte. Und jetzt ist es endlich vorbei, ich bin frei (bis auf ein paar Erkrankungen und existentielle Nöte), frei für meine Leidenschaft das Schreiben. Ja, ich möchte dabei sein und habe im letzten Jahr gelernt zu bitten. Es kostet immer noch ein paar aufgeregte Momente und es tut wirklich jedes Mal weh abgelehnt zu werden. Dennoch ist es besser als gar nicht gefragt zu haben und aus vorauseilender Enttäuschung im Stillen mein Nein zu ertragen. Deshalb frage ich hier um das Stipendium an.

Was ich vorzuweisen habe? Hmmm vollgefüllte mit Zusatzblättern beklebte Tagebücher der letzten 32 Jahre, einen Blog seit vier Jahren, der bei Interesse wie ein paar andere Impressionenn meines Lebens unter www.innenweltreisen.at eingesehen werden kann, eine erste Veröffentlichung in der Austellung höhere Mächte des Kunsthistorischen Museums, durch den Gewinn des Schreibwettbewerbs vor etwa einem Jahr und eine zweite im aktuellen TAUmagazin mit einem Mix aus Gedicht, Poetry Slamartigem und unmittelbaren, unzensurierten Schreiben. Das wars und was kommt ist offen. Weit offen. Vielleicht darf ich durch die Tür zum „passion writing“ Lehrgang schreiten.

Jetzt ist da Freude und eine zarte Träumerei: Wie wäre es wenn einmal in Rehaeinrichtungen kreatives Schreiben Einzug halten würde. Sicher so erhebend wie die erlebte Maltherapie. Der Lehrgang kann eine Tür zur Realisierung sein. Ich gebe mich der neu geborenen Vision hin und bedanke mich für erlesene Aufmerksamkeit!

Barbara Klaus

Wien, 14.01.22

… der Glücksfall bescherte mir am 17.1.22 ein mit dem Lehrgang beschenkt Werden…

… und der Vorfall mündete in der Teilnahme beim ersten online Modul von 20. bis 23.1.22.

Daraus möchte ich mit euch teilen… erst ein Gedicht:

Was beschützt meinen Atem?

Noch höre ich ein geatmet werden,

Nichtwissen im stehen und sehen der Apokalypse,

ohne Grund gehe ich unter.

Das Land hinter mir im Rücken,

noch sehe ich den elenden Weg,

realisierend mein Weg ist am Ende.

Was bleibt als Grund fürs weiterleben

über den endenden Weg hinaus

in das feuchte Unbekannte?

… und dann einen sehr persönlichen Essay dem vorangegangen viel Zeit und Raum zur Erforschung der eigenen Überzeugungen mit den daran klebenden und daraus erwachsenden Lebenserfahrungen gewidmet war. Hier erfasse ich wie die ersten warmen Tage nach einem lange eisigen innere Winter die Gewissheit des Wandels in mir spürbar macht(e). Es ist noch kalt aber der Frühling ist riechbar. Eine grenzenlose, unendliche Danksagung an meine Seelenmama.

Ich glaube, dass ich Hilfe brauche.

Für so ziemlich alles in meinem Leben habe ich Unterstützung gebraucht. Es fing schon beim Geborenwerden an, viel zu früh, zu schnell, gewaltsam geholt umgeben von Blut. Dann beim Atmen so oft habe ich Hilfe beim Atmen gebraucht. Atemnot ist ein meiner Kernnöte der Kindheit. Dann war da noch die Not nicht reinzupassen, anders zu sein, zu empfindlich, zu kränklich, zu sensibel, zu spürig. Ich brauchte also Hilfe, um eine einigermaßen schützende Haut aufzubauen, wiederzuerlangen und zu behalten. Dann brauchte ich Hilfe beim Singen, Schreiben, Lesen, Rechnen, Schwimmen, Skifahren, Volleyball- und Tennisspielen lernen. Tja und dann die viele Hilfe, die ich brauchte um Fremdsprachen zu lernen. Selbst beim Lernen lernen bedurfte es eines Buches meines Vaters, um irgendwie durch die Klassen zu kommen. Ich brauche Hilfe mit meinen vielen Ängsten, selbst meiner Mutter kann ich ohne Angst bis heute nicht begegnen. Alle Therapie und Methoden sind nur Peanuts für den hungrigen Angstwolf in mir, der so sehr verletzt wurde. Am meisten Angst habe ich vor mir selber, vor meinen Wahrnehmungen, Bedürfnissen und der tauben, starren Ohnmacht.

Später Jahre der Ausbildung und Übung um eine hilfreiche Helferin für andere zu sein. Aus-, Fort-, Weiterbildungen ohne Ende nur um weiter mir selbst gegenüber hilflos zu sein. Anderen konnte ich richtig viel helfen nur mir nicht. Nichts ging mehr. Ich konnte mich nicht mehr zwingen zu gar nichts. Erschöpfung bis auf die Knochen. Wieder reaktivierte Viren aus meinem Knochenmark entzünden Leber, Bauchspeicheldrüse, Darm, Zentralnervensystem. Ich brauchte Hilfe, um mich nicht im Entzünden von innen zu verbrennen. Löschzüge an Cortison und Monate der Schonung gepaart mit großer Disziplin im nur essen was ich noch verdauen konnte.

Dann brauchte ich Hilfe, um den Alltag zu bewältigen, um irgendwie mit meinen Schmerzen, dem Fiebern, der offenen Haut, all den Aufwallungen aus dem Unterbewussten und den unzähligen Tränen zu sein. Viele versuchten mir zu helfen, doch nichts half. Immer noch glaubte ich an die Hilfe von außen, aber nur mehr schwach. Hoffnungslosigkeit breitete sich aus und nahm das verzweifelte Hilfesuchen in seine erlösenden Hände. Aufgeben dürfen, da sein bedürftig ohne Hilfe. Zerfall ist nicht aufzuhalten, nichts was gehen will ist haltbar, jedes Festhalten vergeblich. Am Nullpunkt in der großen Leere im Niemandsland alleine bleiben.

Lange alleine bleiben und auf Reha gefunden werden von Eva. Der ersten Frau die mich weinend an ihrer Brust geborgen hält, bei der ich wehrlos sein kann, die verlässlich da bleibt und wiederkommt, in deren Sein ich mein zurückgezogenes Wesen wieder vorsichtig ausprobieren kann, die mir in die Augen schaut und meine Tränen erlaubt ohne sie erklären zu wollen, die mehr mit mir wahrnimmt als ich glauben kann, die mir absolut ehrlich und persönlich begegnet, für die es ausreicht, wenn ich atme und mir sogar dabei hilft. Bei ihr ist es möglich mich ganz hinzugeben wie ein Kind, dass sich in die Arme von liebenden Eltern fallen lässt und bedingungslos vertraut. Danke Eva für alles und besonders fürs dich Lieben dürfen, mit meiner Liebe bei dir als meiner Seelenmama landen dürfen und zurückgeliebt werden so wie ich bin; hilflos. Die Hilfe bin ich los, weil mir geholfen wurde, als ich nicht mehr an Hilfe glaubte.

Zu guter Letzt eine Empfehlung, die mir im Erfahren ganz neu das Schreiben erfahren ließ: Nimm ein rohes Ei in die nicht schreibende Hand und halte es während du einen rohen Text von dir formulierst.

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