Wie möchtest du leben?
Das letzte Mal, als ich mir diese Frage ganz bewusst gestellt und ehrlich beantwortet habe, ist noch gar nicht so lange her. Ausschlaggebend war damals eine existentiell bedrohliche Kontaktpause. Nicht irgendeine, sondern eine die sich wie ein Schrecken ohne Ende anfühlte, eine die innere Qualen bis auf unabsehbare Zeit im in mir weh tun eröffnete. Monatelang zittern und weiterpulsiern wie ein verletzter Nerv, der nicht versteht, dass die Verbindung weg ist und unaufhörlich das Vergebliche versucht, eben Kontakt und Verbundensein zu erLEBEN. Und als dieses endlose Ende endlich ausgepulsiert war, blieb Stille zurück. Eine Stille, die weh tat, weil sie so groß war. So endgültig. So ernüchternd. Ich war leerer als leer und gleichzeitig wacher als je zuvor.
Und rein kam die Frage: „Und nun, Barbara… (wie) möchtest du eigentlich leben?“ Wie möchtest du leben, wenn niemand nach dir sieht, niemand dich freiwillig wahrnimmt, dich niemand Liebe spüren lässt, du für niemand hier einen Sinn machst? Und dann war klar: Ich habe es so satt! Ich möchte liebevoll leben. Lustvoll, liebevoll, sanft. Ich möchte lieben und geliebt werden, echt und aufrichtig. Nur Liebe. Tiefe, klare, ruhige Liebe. Einfach und real.
Ich wollte die direkte Liebe erfahren. Erleben wie sich die Liebe zu mir begibt. Nicht die indirekte (!), nicht die „Liebe“, die eigentlich weh tut, die mich nur zwingt, mich selbst mehr zu lieben, weil der andere es nicht kann und oder will. Diese Art von Liebe kannte ich schon viel zu gut. Diese Liebe hatte ich überlebt. Diese Liebe hatte mich erwachsen gemacht, aber nicht glücklich.
Nein. Ich wollte echte Liebe. Tiefe Liebe. Liebe, die schenkt und nicht nimmt. Liebe, die nährt und nicht verletzt. Und ich wollte genau diese Liebe, die ich in mir tage, und ein du das sie so gerne verschenkt wie ich. Ja – so war das damals – und so ist das immer noch.
Damals war ich ein wandelndes Loch, komplett offengelegt im Innersten und mitten unter „Menschen“ völlig auf mich allein gestellt. Einsamer als einsam, isoliert unter „Menschen“ und kam erst wieder zu mir als die auch alle wieder weg waren. Nur ich und mein Körper langsam, weise, klar da, für mich alleine atmend.
An dem Punkt war ich schon ein paar Mal. Immer wieder mal steckte ich fest in einer meiner berühmten Krisen nichts ging vor und nichts zurück. Ohnmacht, Wut, Isolationsgefühle, Unerreichbarkeit also mein Zustand des Feststecken. Im Versuch das Feststecken anzunehmen und immer wieder ploppte ein Zitat von Osho ein: „Was rückhaltlos gesucht wird, das wird immer erreicht.“
Ich protestierte innerlich grollend. Ich weiß es besser! Hier stand ich (oder besser: ich lag) schon oft und suchte mit jeder Faser meines Wesens nach einer Lösung – und TROTZDEM fand ich sie nicht! Ich suchte RÜCKHALTLOS, aber ich ERREICHTE NICHTS!
Früher suchte nach Heilung. Außen, weg vom Zustand der da ist, im Zerstörungskampf mit was ist. Heute verstehe ich soviel mehr von der Weisheit dessen, wie unser Leben uns in die Selbstannahme trägt.
Die „kleine Heilung“ das ist Heilung innerhalb unserer gesellschaftlichen und menschlichen Matrix. Als Beispiele (aus meinem Erfahrungsspektrum) : Ich wuchs auf mit massiven Selbstzweifeln (stottern, schweigen, verstummen… ) und dann mache ich Coachings und lerne meine Stimme zu erheben, mich verstehbar mitzuteilen und mein Selbstvertrauen wuchs. Ich litt an Neurodermitis und dann lernte ich, mein Nervensystem zu regulieren und die Haut beruhigte sich mit der Zeit. Ich hatte Angst vor allem Möglichen, dann erlaube ich die Verwundbarkeit und meine Wut im Rahmen von Selbsterfahrungen und Therapieprozessen und machte neue Erfahrungen mit damit da sein und immer wieder darüber hinauswachsen. Wunderbar was da alles gelungen ist.
Die meisten Entscheidungen entstehen nicht aus bewusster Wahl, sondern aus Automatismen: Kindheitsprägungen, Verhaltensmustern, ungeprüften Überzeugungen und emotionalen Reflexen.
Wir reagieren – statt zu wählen. Viele glauben, freier Wille bedeutet: „Ich entscheide doch selbst!“
Doch sobald du in ein altes Muster fällst, übernimmt nicht dein freier Wille sondern ein Autopilot. Echter freier Wille beginnt genau an dem Punkt, an dem du bemerkst, dass du wieder in ein altes Programm rutschst. In diesem Moment hast du eine Wahl bleibst du im Muster stecken oder beendest du es bewusst und entscheidest neu? Das ist Bewusstsein. Das ist Präsenz. Und erst dort beginnt wahre Freiheit. Wenn du merkst, dass du immer wieder an denselben Stellen festhängst – Beziehung, Emotionen, Selbstwert, Partnerschaft, Beruf – dann liegt das nicht an deinem „Versagen“, sondern daran, dass alte Programme stärker sind als der Wille, solange sie unbewusst bleiben. Du wirst frei, sobald du dich erkennst. Und dann beginnt ein völlig neues Kapitel – eines, das wirklich dir gehört.
Aber nicht alle Themen, an denen wir leiden, heilen auf diesen Wegen (Coaching, Therapien, Bewusstheit). Manche dieser Themen bleiben (meines ist da die Einsamkeit diese himmelschreiende Ungerechtigkeit das scheinbar alle Lebens(abschnitts)menschen an ihrer Seite haben nur ich nicht). Und BLEIBEN. Sie rühren sich nicht. Sie reagieren nicht auf Therapien und nicht auf Coachingtipps. Sie reagieren nicht auf Naturheilkunde und nicht auf eine bessere Selbstregulation. Sie reagieren überhaupt nicht.
Das einzige, was sie zu tun scheinen, ist, stumm und bösartig zu quälen und immer wieder alles andere traurig hilflos einzufärben. Nachtein und tagaus zu stören, zu verstören, zu verwirren, zu isolieren, zu schwächen und zu bremsen. Und dies sind die großen Auftritte der großen Heilung. Denn dies sind die Themen, die uns eines Tages, wenn alle, alle Hoffnung zerbrochen ist, aus dem menschlichen Kontext herauskatapultieren in den freien Fall der freien HINGABE. Dies sind die tiefsten Küsse, mit denen das Leben uns zurückwirft in die bedingungslose Annahme der Existenz an sich ohne Ausnahme von irgendeinem Zustand egal wie lange es bleibt.
Mit anderen Worten: Manche Themen und Symptome sind nicht in unserem Leben, damit wir an uns arbeiten und damit wir heilen. Sie sind in unserem Leben, um uns zu zerbrechen. Und um durch die Risse und Brüche unserer Ruinen das Bewusstseinslicht brechen zu lassen, das wir in all dem Erfolg unserer Arbeit an uns selbst immer noch verborgen gehalten hätten.
Echte, tiefe, existentielle Heilung löst im ersten Schritt vom Konzept der Heilung selbst. Sie heilt uns von der Idee, das sei etwas, das der Heilung bedürfe (nämlich ich) und etwas anderes, das geheilt werden müsse (nämlich mein Symptom des unverbunden Fühlens). Diese Heilung zerstört das alles. Sie schleudert in den Raum JENSEITS VOM KONTEXT EIN MENSCH ZU SEIN. Sie wirft uns nackt und hilflos in den Raum ohne Trost und ohne Zukunft – und genau dort, im ratlosen Zusammenbruch, beginnt beginnt die Schöpfung, beginnt die Göttin in uns selbst zu atmen. Offenbart sich unser eigenes Wesen als ein unbegrenztes und unzerstörbares. Leben, das in allem brodelt und pocht in tiefer, dankbarer Ekstase.
Also wir stecken nicht fest, weil wir zu blöd wären, um zu heilen. Wir stecken auch nicht fest, weil wir faul wären oder ignorant. Sondern weil es wichtig für ein Menschenleben ist, Räume zu haben, die uns eines Tages herauslösen aus jeder Idee und die uns zurückwerfen in die schäumende Brandung der Schöpfung selbst.
Heilung ist emotionales Reifen, nicht Symptomfreiheit: Wahre Heilung bedeutet nicht, dass etwas verschwindet, sondern dass Liebe hinzukommt – eine Liebe, die in Beziehung tritt mit unserem Inneren. Heilung ist die wachsende Fähigkeit, uns selbst in Tiefe zu begegnen.
Ich glaube, wir dürfen alles neu bewerten. Deshalb werde ich auch nicht müde, neue und vielleicht ganz andere Perspektiven reinzugeben in das Altgewohnte: Wir hören so oft, dass ein Immunsystem stark sein muss, kraftvoll, kämpferisch, unerschütterlich als würde Gesundheit nur dann entstehen, wenn etwas in uns ständig auf der Hut ist und sich gegen das Leben verteidigt. Doch das Immunsystem ist kein Soldat. Es ist ein Wahrnehmungsfeld, ein hochintelligentes Resonanzsystem, das jede Regung in dir spürt und dir ununterbrochen antwortet. Es kämpft nicht, es übersetzt. Und manchmal übersetzt es deine Wahrheit in Kraft, Klarheit und Stabilität. Und manchmal übersetzt es sie in Rückzug, Müdigkeit oder Krankheit. Krankheit bedeutet nicht, schwach ein Opfer oder gar eine Versagerin zu sein.
Du kannst krank sein in einer vollkommen reinen Qualität, die nichts mit Drama, Selbstaufgabe oder Ohnmacht zu tun hat. Ein Krank-Sein, das einfach Ausdruck ist. Ausdruck einer inneren Bewegung, einer Klärung, einer Neuordnung. Fieber ist für mich oft ein Niederbrennen von alten Zellmustern. Ein Moment, in dem dein gesamtes System ehrlich wird und sich nichts mehr schön redet.
Wir tragen diese alte Idee, dass Gesund-Sein höher steht und Krank-Sein niedriger als wären wir nur „gut“, wenn wir funktionieren. Doch wer sagt das? Wer bewertet? Nicht die Schöpfung. Nicht das Leben. Nicht das, was dich hervorgebracht hat. Für die Schöpfung gibt es nur Bewegung, nur Rhythmus, nur Ausdruck. Gesundheit und Krankheit sind keine Gegensätze, keine Feinde, keine zwei Welten, sie sind zwei Formen des gleichen Gesprächs zwischen dir und deinem Körper. Zwei unterschiedliche Sprachen aus demselben Bewusstsein.
Und irgendwann beginnt etwas in dir zu verstehen, dass es nicht darum geht, ständig stark zu wirken oder alles im Griff zu haben, sondern darum, durchlässig zu sein, anwesend, wahr.
Wenn du innerlich die Knie beugst vor dem, was gerade ist – nicht als Kapitulation, sondern als Anerkennung – öffnet sich etwas, das mit Muskelkraft nichts zu tun hat und doch jede Heilung einleitet: Demut. Die Demut vor deinem Körper, vor deiner Natur, vor deiner eigenen Wahrheit, vor jenem lebendigen Fluss, den du nicht kontrollieren kannst, auch wenn du es immer wieder versuchst. Diese Demut öffnet die Herzen der Menschen — und zuerst dein eigenes. Jetzt weine ich gerade selbst vor Demut im schreiben.
Sie zeigt dir, dass kein Zustand falsch ist, dass kein Zustand dich mindert, dass du nicht kämpfen musst, um wertvoll zu sein. Heilung beginnt nicht dann, wenn du wieder funktionierst oder „besser“ wirst. Heilung beginnt in dem Moment, in dem du aufhörst zu verurteilen… dich selbst, deinen Körper, deinen Zustand. Heilung beginnt, wenn du bereit bist zu glauben, dass das Leben sich nie gegen dich richtet, sondern dich immer tiefer zu dir zurückführt. Der Moment, in den du begreifst, dass das Leben dich liebt. Und im dich voll und ganz genauso lieben lassen geschieht das Wunder der „angenommen Seines“.
Es ist eine Entscheidung die Schöpferin zu leben und… Loslassen geschieht aus Gnade, wenn alles im Moment und aus der Geschichte durchs Herz genommen, gefühlt, gespürt, gesehen und gewürdigt wurde. Es geht immer um die liebevoller Annahme meiner gegenwärtigen Wahrheit (wir haben immer eine Persönlichkeit, ein Ego und Gott in uns).
Es geht immer um Liebe.
Liebe sonst nichts.
Es zählt die Summe der Stunden,
in denen wir liebten
(vor allem uns selbst),
aus reinem Herzen geliebt haben
und zugelassen haben genau so geliebt zu werden.
Liebe sein reicht.
Liebe ist mehr als genug.
Liebe heilt (Angst vernichtet sich selber).
Im Lieben sind wir heil.
Aus der Liebe entsteht alles,
alles Positive, alle Kreationen
(aus dem müssen geschieht niemals mehr Gutes).