Liebe, Geborgenheit und Sicherheit (m)eine Utopie

Ritueller Missbrauch – Wortbrisen aus dem Ozean des Unsagbaren

Gegenüber welchem Gott mache ich mich klein, verschlossen, stumm?

Schweigen war überlebensnotwendig, schweigen ist fast alternativlos, schweigen wird bleiben über viel Unmenschliches. Schlicht weil damit Kontakt unmöglich ist, zu verstörend, zu unfassbar, zu viel Abartiges. Meine Geschichte ist zu viel, auch mir, nur habe ich keine Wahl im Ertragen. Ich bin traumatisiert durch die Art und Weise wie meine Eltern und sonstigen Bezugspersonen für mich „gesorgt“ haben mit Vernachlässigung, Gewalt, Missbrauch und Isolation. Mir scheint um meiner selbst willen war ich nie auf dieser Welt. Ich wurde weggesperrt und habe mich alleine gelassen mit mir, meiner Trauer, meiner Scham. Ich fühle mich oft als der einsamste Mensch der Welt. Soviel ist unteilbar bis heute.

Die Wahl liegt nur im „wie“ des Tragens, die Wahl Worte zu wählen, Ausdruck zu finden, Aufarbeitung geschehen zu lassen. Es gibt keinen Weg aus der Isolation ohne mich auf die schmerzvolle Bewusstmachung einzulassen. Die Scham als einsamer Begleiter, die Trauer ohne Halt, die Rage ob der Ignoranz, all des Abwendens und Wegschauens von meiner Not (und wie lange und verzweifelt habe ich es selbst versucht genauso mit mir zu existieren) und die Dankbarkeit überlebt zu haben sind gleichzeitig in mir.

Ich sehe die Ängste in meinem Leben, den Mangel in meinen Augen und die Schatten in meinem Geist. Und sage mir ich bin annehmbar, zumutbar, lesbar, jemand wird irgendwann bei mir bleiben, MIT mir spürbar, berührend, liebend, wenn auch nur in meinen Träumen. Ich will nicht Opfer sein und bin doch in der zwischenmenschlichen Ohnmacht.

Da ist Gewissheit, aus diesem Zustand alleine niemals aussteigen zu können. Ohne gefunden, eingeladen und gespürt zu werden, kann ich Mitmenschen nicht angstfrei und auf Augenhöhe begegnen. Was ich jetzt brauche sind Gebende, die Erlaubnis zu weinen und zu fluchen, Raum zum schweigen und zu nehmen, Augen die in meine schauen, wahrhaftig haltende Liebe. Noch nie habe ich so gerungen um Worte, darum gespürt, gefühlt und begriffen zu werden. Oft bin ich gescheitert (in mir selbst) und doch ist der Seelenhunger groß in meiner Wahrheit zu stehen. Das zu schreiben hatte ich noch nie gewagt, jetzt kann ich es.

***

Fragmente ritueller Gewalt:

*

Ich rinne aus, aus mir heraus,

Fingerkuppen fühlen den Spalt,

eine Furche in meine Welt,

ein innerer Schrei tonlos unhörbar,

atemlos in die Ecke geblickt,

eine Augenhöhle, ein Mund,

eine Leere ohne Spiegelbild.

Mich begleiten Hände auf an in mir,

schwarze schwere Stoffe fallen.

Ich muss mich „gut“ bewegen

und tanze auf dem Altar.

Ich trage eine Bluse und bin unten nackt.

Reglose Gestalten liegen in Decken.

Es gibt Holzkreuze und Männer mit Kapuzen.

Ein Flüstern und die Schreie der Kinder,

einem Mädchen wird die Kehle zugedrückt,

einem Jungen wird sie aufgeschnitten.

Im hinteren Bereich ist ein Wasserbecken in den Boden eingelassen.

Große Hände und ein Metallgitter pressen Kinder unter die Wasseroberfläche.

Meine Beine zittern, ich war da auch schon drinnen.

Eine Gruppe von Priestern ermorden ein Mädchen,

ich kann nicht mehr atmen, fühle Engelsflügel an mir

und erkenne meinen Körper von oben.

Nicht mehr atmen, nicht mehr spüren, es tanzt mich.

Nichts mehr spüren bedeutet überleben.

*

Es geht hinab in eine Tiefe die ich nicht kenne,

mein Körper atmet leise und mir ist innerlich kalt.

Ich nehme mich in die Arme und rolle mich ein.

Ich sehe dunkle Kammern mit Vorhängen, da ist ein Gitterbett.

Schales Licht hinter einem trüben schmutzigen Glas.

Es gibt zu wenig Luft zum Atmen.

Jemand drückt mir die Kehle zu.

Mein Körper bewegt sich auf die andere Seite,

da sind Hände und Füße an die ich keine Erinnerung habe.

Ich bin wehrlos und werde bedrängt.

Zaghaft vertraut mein Körper mir an,

wie ich gehalten und durchstoßen werde.

Ich spüre wie etwas Fremdes in mich eindringt, mich penetriert.

Es verletzt mich zutiefst, ich versuche Luft zu bekommen.

Mein Körper erträgt mich in diesen Momenten,

und in den noch schlimmeren danach.

Ich liege seitlich auf dem Lacken,

blute, schütze mein Becken und mein Geschlecht.

Ich bin so unfassbar alleine, verlassen und verletzt.

Ich breche aus, beginne die Augen zu öffnen.

Ich kauere auf Knien in einem düsteren Raum mit Kerzenlicht.

*

Da sind Kapuzengestalten,

in der Mitte liegt ein Holzkreuz mit schmalen Stegen,

mittig nach oben gekrümmt ein Junge,

nackt und reglos mit geschlossenen Augen.

Ich weiß nicht, ob er noch lebt.

Ich werde gezwungen Kinder auszuwählen

und für die schwarze Messe in die Mitte des Raumes zu bringen.

Viele Szenen geschehen gleichzeitig, überall ist Qual.

Ein Kind wird am Boden mit Riemen an den Gelenken gefesselt,

wie ein X und rundherum ein Kreis aus Kerzen.

Jemand beginnt das Kind zu schneiden,

ein Anderer fügt ihm Brandwunden zu.

Meine Hülle wird eins mit den Erinnerungen

und mein Bewusstsein spaltet sich ab.

Ich erfahre Verrenkungen, Enge, stechende Schmerzen,

werde gehalten von Händen, die ich nicht sehen kann.

Ich ziehe eine Decke um mein Becken,

versuche mich zu schützen, vergeblich ich werde genommen.

Mein Körper ist wie gelähmt, ich komme nicht mehr auf die Beine.

Der Atem erreicht mich nicht und ich beginne zu ersticken.

Blut und Brandgeruch, Tod auch, und doch wieder Atem.

Ein Kind ist in einen Schraubstock gespannt, eines an Seilen aufgehängt.

Es gibt Schreie von sich und wimmert, ganz klein und dünn ist es.

Dann still den Tod bezeugen und ihn mir selbst wünschen,

während die Schlange der Kapuzengestalten,

die mich noch vergewaltigen wird, anwächst…

einer öffnet meine Beine…

Schwindel, Übelkeit, nacktes Ausgeliefertsein

und die Orgel spielt gewaltsame Melodien zur Penetration…

dumpfe Taubheit erlöst mich vom Körperempfinden.

Ich liege auf dem Flur und werde in Serie missbraucht,

aus dem Körper geglitten sehende Raum.

*

Das Blut fließt…

Ich sehe einen Torso und Gliedmaßen,

mehrere Arme liegen nebeneinander.

Die Reste eines Mannes brennen schon seit Stunden,

es dauert viele Stunden bis auch Knochen zu Asche werden.

Ein Baby liegt festgebunden auf dem Altar und schreit,

ein Dolch… ich kann nicht hinsehen… dann ist es still.

Ein Kind wird stranguliert, es wehrt sich.

Deshalb kommt der Strick und die Schnitte.

Die Kinder bluten aus während sie hängen.

Körper neben Körper.

Meiner ist erstarrt, nur die Fesselung ist spürbar.

Mein Kopf wird in etwas Warmes gedrückt,

es fällt mir schwer zu amten.

Menschen auf mir, und unter mir,

das Kleid ist unten offen und ich bin es auch.

Die Hände beginnen zu zittern in meiner gefühlten Verlassenheit,

ich erlaube mir nicht mein Gesicht zu verbergen,

blicke mich um, suche Schutz und finde niemanden.

Wie so oft sage ich mir meinen Namen

Barbara, Barbara Christine, Barbara Christine Klaus.

Um mich an mich selbst zu erinnern,

um sicherzugehen, dass es mich gibt,

und auch schon damals gab.

*

Ich liege auf einem Holzkreuz

mit den Händen fixiert,

der Unterkörper ist frei beweglich.

Eine Flüssigkeit wird mir eingeflößt,

mein Kopf fühlt sich verletzt an wegen der Dornenkrone.

Unter den Augenbinden ist es dunkel.

Jemand flüstert „dein Becken ist ein Tempel“ in mein Ohr

und greift in meine Ruine während mich Scham atmet.

Traurigkeit steigt hoch,

das Gefühl gescheitert zu sein,

erdrückende innere Stimmen sprechen von

Gottes gerechter Strafe für meine Existenz.

Ich weiß nicht was ich in dieser Welt zu suchen habe,

kein Gefühl, kein Kontakt zu meinem Körper,

Resignation und Verachtung in meiner Erstarrung.

Je mehr ich lebendig bin,

umso mehr verschlingt mich die Finsternis.

Jeder Berührung folgt die Strafe.

Es ist verboten Emotionen zu zweigen.

Unerfindliche Stimmen drängen mich in die Isolation

wie fern ist diese Welt von jeder Annahme.

Stahlplatten über dem Mund, niemand darf wissen.

Nicht sprechen und Kontakt haben dürfen,

nirgends landen und nicht ruhen können.

*

Es ist vorbei denke ich,

alle Rituale sind vollbracht.

Ich werde geführt, auf dem Boden brennt ein rotgelbes Licht.

Ich sehe Kinder nackt und leblos vertikal aufgehängt.

Ihre Körper sind fixiert, in manchen stecken Messer.

Im vorbeitaumeln spüre ich ihre Haut,

ihr Wesen und ihren Schmerz.

Grenzenlose Schwere breitet sich aus.

Plötzlich eine Stimme,

Hände fixieren mich am Becken

und schlagen meinen Oberkörper gegen die Mauer.

Noch einer in mir, ich habe nicht die geringste Chance mich zu wehren.

Danach lande in der Enge eines Zimmers,

liege da wie eine klaffende bodenlose Leere

und bin von allen Menschen verlassen.

Das ist der schlimmste Moment,

die grausamsten Atemzüge retour in den Leib

ganz alleine und niemand hält,

orientierungslos verlassen ohne Zeitempfinden.

Niemand kommt mehr, nur Stille.

Kalte Mangelstille des Fehlens.

Ich werde nicht mehr gebraucht.

So viel Schweigen,

der kalte Griff der Einsamkeit,

ein schmutziger Laken auf den mein Blut tropft.

Angst in mir atmet Angst.

Wann wird aus Angst Liebe?

Wie liebe ich alleine?

Mich scheint es nicht zu geben.

Ich existiere nicht für die Menschen.

Niemand liebt mich, niemand hat mich je geliebt.

Ich verstecke mich unter der Decke,

mache die Augen zu und bete es ist für immer.

Meine Augen ziehen Kreise

ehe ich traumfern in die Nacht falle

und meine Welt verberge.

*

Die Isolation und Einsamkeit sind am schlimmsten.

Niemand kümmert es was mit mir ist,

niemand fragt nach mir.

Die Welt hat mich verschluckt und ausgespuckt.

Jedes Mal, wenn ich innig miteinander verbundene Menschen sehe,

kamen und kommen mir die Tränen des Sehnens.

Jemand haben der mich liebevoll nahe haben will,

mich wählt und bei mir bleibt, unerfüllt bis heute.

Schutz, ich will nur beschützt werden,

bis heute erwarte ich meinen Beschützer,

vergeblich nur Tränen in namenlosen Sehnen.

*

***

Und jetzt, hier, entwachsen, erwachsen Worte der (Über-)Lebenden:

Vorbei.

Ich atme.

Ich bleibe.

Ich schreibe.

Ich liebe.

Trotzdem.

Einfach so.

Echt.

*

Nicht mehr davonlaufen,

nichts mehr vermeiden,

mich nicht mehr anders haben wollen,

nichts mehr verbessern.

Sondern dableiben, hinschauen und fühlen

gerade wenn alles „das halte ich nicht aus“ schreit.

Dann bleiben verwandelt:

Was ich hasse wird sichtbar,

was ich fürchte wird weich,

was ich ablehnte wird Teil von mir.

*

Wunden heilen durch Integration und neue Erfahrungen.

Ich spüre in jeder Umarmung die Vergebung,

bleibe in jedem gehaltenen Augenkontakt.

Dennoch ist Intimität ein leerer, sehnsuchtsvoller Ort.

*

Träne an Träne…

Heilige Tränen von Erinnern und Wiedersehen,

mehr Liebe als ich halten kann.

Es gibt diese immense Liebe in mir.

Hand in Hand, Herz an Herz, sehnen und sein.

Goldene Tränen weinen nicht aus Schwäche,

sondern weil ich alles fühlen kann.

Die Hände sprechen mit Gott,

mein Blick ein Spiegel für tiefste Wahrheit.

Wahrheit entspannt mich immer.

*

Ich lebe mit Tränen.

Auf Tränen gebaut,

durch Tränen gewaschen,

in Tränen gesegnet

all der viele Schmerz in meinem Leben.

Ich brauche kein Gebet.

Ich brauche mich.

Mein Leib weiß,

meine Arme wiegen mich,

mein Herz hält.

Ich kann lieben.

Trotz allem.

Ohne allen.

*

Zarteste Haut,

sehr verletztes Herz,

wunder Blick.

Freilassen von allen,

Seinlassen von allem.

*

Liebe

bleibt

immer

übrig.

*

Präsenz ist die Basis.

Achtsamkeit ist der Boden.

Und Menschlichkeit ist das, worauf alles ruht.

Dasein mit allem was ist als offenes Herz.

Präsenz der Liebe selbst.

***

Barbara, Barbara Christine, Barbara Christine Klaus, ich bin bei dir, du bist nicht alleine und es kann dir heute nichts mehr passieren. Selbst wenn niemand da ist, dem du wichtig bist, der dich lieb genug hat, um in Liebe Weihnachten, Ostern oder deinen Geburtstag mit dir zu feiern.

Das Leben ist ein Wunder. Ich lebe frei, ich bin frei. Ich darf mir Raum, Liebe, Geborgenheit und Wichtigkeit geben, auch wenn es niemand sonst tut. Berühren, was andere (von mir) meiden und mit meinem Fühlen, durch meine Hände und Worte.

Ich möchte das unermessliche Einsame in Verbundenheit wiegen und das Zerbrochene mit Liebe durchdringen. Darf ich loslassen von meiner Geschichte und leben, geliebt in zärtlicher Zweisamkeit, mit wem und wann? Immer wieder jetzt mit mir selbst. Ich habe all das und viel mehr erlebt. Laufe vor meiner Geschichte nicht mehr davon, so umschattet sie auch war. Wachse zu einem Menschen mit einer Geschichte und einer Seele. Für mich ist die rituelle Gewalt gespeicherte Geschichte nicht mehr zu erlebendes Jetzt. Ich habe nicht alleine gelitten und bin doch meist alleine mit der Erfahrung. Und für viele viele Kinder in dieser Welt ist genau das hier und jetzt der Lebensweg. Die Kinder ungewollt, ungehört, verboten, gestorben. Wenige kommen raus und werden erwachsen, noch weniger finden klare Worte und teilen sich mit, ihnen allen gilt mein Ausdruck. Wir haben ein Recht auf eine eigene Existenz. Liebe, Geborgenheit und Sicherheit ist alles was ich brauche, was alle (betroffenen) Kinder brauchen. Herrgott (das ist ein fluchender Ausruf) lass es endlich Realität sein.

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